Weiss Architecture Studio

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Glaubens-Haltungen – Das Individuum vor Gott. Sela!

Otl Aicher war ein religiöser Mensch und zeitlebens ein Suchender. Er nahm seinen katholischen Glauben ernst. Das zeigen nicht zuletzt seine kritischen Äußerungen zur katholischen Kirche. Wichtig war ihm ein authentisch gelebter Glaube. (Vgl. Moser 2012)

 

Wir leben in einer Zeit, in der die Selbstbestimmung des Individuums das höchste Gut zu sein scheint. Dennoch ist der Mensch stetig auf der Suche nach dem Sinn im Leben und nach spirituellen Erfahrungen. Wie eh und je sehnt sich der Mensch auch in einer aufgeklärten und säkularen Zeit nach Hoffnung und Orientierung.

 

Bei der Entwicklung unseres Andachtsraumes haben wir uns am kleinsten gemeinsamen Nenner der verschiedenen Zugänge zum Spirituellen orientiert: Dem leiblich engagierten Menschen. Betrachtet man das Gebet als Hinwendung des Herzens zu Gott erkennt man die enge Verbundenheit zwischen Emotion und Leib. Unser Leib und unsere Seele sind über unsere Gefühle zu einer Einheit verbunden, daher beeinflussen unsere Emotionen unsere Körperhaltung und Gestik – und umgekehrt. Mit unserer Gebetsbank bieten wir dem Menschen die Möglichkeit der den leiblich-emotionalen Bedürfnissen während des Gebets intuitiv nachzugeben.

Otl Aicher hat stets betont, dass das rational-abstrakte Denken und das praktisch-konkrete Machen – in seinen Worten auch das Analoge und das Digitale – in einem richtigen und ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen sollten, da diese voneinander abhängig seien. (vgl. Aicher 1991)

Mit unserem Projekt „Sela“ möchten wir den Menschen auch dazu inspirieren einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Denken und leiblichem Tun nachzusinnen. Einerseits hat man hier den Frieden und die Ruhe nachzudenken. Andererseits eröffnet die Gebetsbank auch die Möglichkeit vom Denken ins leibliche Tun überzugehen. Durch die Form des Möbels ermöglichen wir eine natürliche und ungezwungene Haltung während des Gebets. Je nach Gefühlslage und individuellen Bedürfnissen kann die Position des Körpers unterschiedlich sein.

Die Verbindung zu Gott bzw. dem Spirituellen sollte ein ungezwungenes und natürliches Verhältnis sein. Die Bauweise der Bank ist an diesen Gedanken angelehnt. Es wurde bewusst von zusätzlichen Hilfsmitteln wie Schrauben, Leim etc. abgesehen. Stabilität findet die Bank durch eine Steckverbindung der zwei Blöcke und der Sitz-Liegefläche. Das Gleichgewicht ist durch den Steinbrocken, an dem sich die Fläche stützt, gegeben.

 

Inspiriert von Otl Aicher und seiner Arbeitsweise haben wir Piktogramme entwickelt. Diese kommunizieren verschiedene Gebetspositionen auf nonverbale Weise.

 

Sela ist ein konfessionsloses Objekt, das für alle Menschen entworfen wurde. Es steht abgeschirmt von der Umwelt in einem Sakralraum. Befreit von äußerlichen Einflüssen und Zwängen kann der Mensch zu sich selbst und zu Gott finden. Die offene Kuppel eröffnet den Blick auf den Himmel und den Horizont. Dieser Ausblick soll Hoffnung, Freiheit und Ewigkeit symbolisieren.

 

Zu fragen bleibt, ob sich der Glaube auf profane Rituale und Bräuche reduzieren lässt? Was passiert, wenn man das Individuum vor Gott stellt? Was denken Sie? Sela!*

 

Aicher, Otl. 1991. analog und digital. In: analog und digital, Hrsg. Otl Aicher, 45–52. Berlin: Ernst & Sohn.

 

Moser, Eva. 2012. Otl Aicher, Gestalter. Ostfildern: Hatje Cantz.

 

 

Zitat

ANNA-MARIA LJUBOJEVIC + NIKOLAUS PRSKAVEC

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